Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD (AGS) in der Regio Aachen

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

WHKT: Corona und Prüfungen

Veröffentlicht am 01.04.2020 in Allgemein

 

Der Corona Virus und die Folgen für
die duale Ausbildung und das Prüfungswesen im Handwerk (Stand 27.03.2020)

Der Corona Virus breitet sich auch in Deutschland aus. Dies führt dazu, dass Schulen und andere Bildungseinrichtungen temporär geschlossen sind. Es tauchen von Ausbildungsbetrieben, Auszubildenden, Prüfenden und Prüfungskandidaten, Innungen und Verbänden Fragen auf, welche Auswirkungen auf die Durchführung von Ausbildung und die Durchführung von Prüfungen im Handwerk zu erwarten sind.

Die Handwerkskammern möchten mit dieser offenen Fragen- und Antwortliste alle Beraterinnen und Berater in der Handwerksorganisation, vor allem aber auch die Geschäftsstellen der Prüfungsausschüsse, insbesondere bei Innungen, unterstützen. In diesen besonderen Tagen werden überall in NRW die immer gleichen Fragen gestellt. Gerade in den Bereichen Ausbildung und Prüfungswesen muss es unser Ziel sein, überregional vergleichbare und rechtssichere Auskünfte zu geben. Nur indem wir Information und Beratung professionalisieren können wir Unsicherheiten vermeiden.

Grundsätzlich ist von allen Geschäftsstellen der Prüfungsausschüsse eine angemessene Risikobewertung im Hinblick auf den Infektionsschutz der an der Prüfung beteiligten Personen vorzunehmen. Aktuelle Risikobewertungen des Robert-Koch-Instituts zum Corona Virus finden Sie hier: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html

Im Folgenden werden häufig auftretende Fragen, die im Zusammenhang mit dem Corona Virus und der Durchführung von Ausbildung und Prüfung stehen, beantwortet.

1. Die duale Ausbildung

  1. Gibt es eine Verpflichtung, dass der Berufsschultag im Betrieb verbracht werden muss, wenn der Berufsschulunterricht wegen Schulschließung nicht stattfindet?

    Ja! Der Betrieb ist gemäß § 15 BBiG verpflichtet, Auszubildende für den Berufsschulunterricht freizustellen. Fällt der Berufsschulunterricht aus, müssen Auszubildende unaufgefordert zur Ausbildung im Betrieb erscheinen. Sofern jedoch die jeweiligen Berufsschulen Unterrichtsmaterial über Lernplattformen oder in ähnlicher Art und Weise zur Verfügung stellen, ist den Ausbildungsbetrieben anzuraten, dass sie den Auszubildenden zur Bearbeitung dieser Materialien ausreichend Zeit während der Ausbildung zur Verfügung stellen.

  2. Wie kann der Berufsschulstoff auch bei geschlossener Berufsschule vermittelt werden?

    Da die Berufsschule als Lernort ausfällt, müssen nun die Ausbildungsbetriebe sicherstellen, dass die Auszubildenden die Gelegenheit bekommen, Unterrichtsstoffe zu erarbeiten oder sich auf die theoretische Prüfung vorzubereiten. Der Ausbildungsbetrieb kann entscheiden, ob dies sinnvollerweise im Betrieb oder zu Hause erfolgen sollte. Ob es entsprechende schulische Angebote gibt (Lernplattform, Cloud, Mails, elektronische Hausaufgaben, Telefon-Hotlines mit den Lehrern etc.), müssen Auszubildende direkt mit ihrer Berufsschulen klären. Der Auszubildende ist verpflichtet, die Zeit, die ihm von seinem Ausbildungsbetrieb zur Verfügung gestellt wird, auch zum Lernen zu nutzen. Verstöße hiergegen können arbeitsrechtlich geahndet werden.

  3. Darf der Ausbildungsbetrieb vom Auszubildenden verlangen, Urlaub zu nehmen, da die Berufsschule ausfällt?

    Nein. Auszubildende können nicht pauschal in Zwangsurlaub geschickt werden. Der Auszubildende muss Urlaub beantragen. Dieser kann nicht gegen seinen Willen angeordnet werden. Gleiches gilt auch für den Abbau von Überstunden.

    Zulässig kann dagegen unter bestimmten, eng festgelegten Bedingungen, die Anordnung von Betriebsferien für die gesamte Belegschaft eines Handwerksunternehmens sein (§ 7 ABS. 1 Satz 1 BUrlG). Hierbei handelte es sich aber um einen Ausnahmetatbestand. Voraussetzung hierfür sind dringende betriebliche Belange, die von Arbeitgeberseiten dezidiert begründet werden müssen.

  4. Welche Regelungen muss der Ausbildungsbetrieb im Hinblick auf seinen Auszubildenden beachten, wenn er Kurzarbeit vorsehen muss?

    Ausbildung und Kurzarbeit verträgt sich nicht, das heisst der Ausbildende muss seiner Ausbildungspflicht so lange wie möglich nachkommen. Der Ausbildende ist dazu verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter sicher zu stellen. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage. Der Auszubildende hat dann aber zunächst einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für 6 Wochen gemäß § 19 Abs.1 Nr. 2 BBiG. Kurzarbeitergeld für Auszubildende wird erst danach gezahlt. Zur Info hierzu die fachliche Weisung der BA (s. 1.24): https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013530.pdf

  5. Bekommen Auszubildende Aufgaben, Lernmaterial, Zugang zu Lernplattformen etc., um den Berufsschulunterricht nicht in Gänze zu verpassen?

    Die Schulen in NRW sind seit dem 16. März 2020 geschlossen. Seitdem „ruht“ der Unterricht. Bei dieser Zeit des „Ruhens“ aus Infektionsschutzgründen handelt es sich laut Schulministerium ausdrücklich nicht um Schulferien. Für Auszubildende bedeutet dies, dass sie verpflichtet sind, daran mitzuarbeiten, dass die Aufgaben der Schulen erfüllt und das Ausbildungsziel erreicht werden kann.

    Aber auch die Berufsschulen stehen gleichermaßen in der Pflicht. Sie müssen sicherstellen, dass den Auszubildenden Aufgaben und Materialien zur Verfügung gestellt werden, um sich mit diesen Unterrichtsstoffe eigenständig erarbeiten zu können. Dies erfolgt innerhalb der technischen und organisatorischen Möglichkeiten jeder einzelnen Schule. Die Angebote werden sich daher in der Praxis unterscheiden können. Im Idealfall sollten auch die Ausbildungsbetriebe entsprechend informiert werden, damit sie den Auszubildenden die Möglichkeit geben können, die schulischen Aufgaben im Rahmen ihrer Ausbildungszeit zu bearbeiten.

    Ziel ist es, dass der Unterricht nach Wiederaufnahme des Berufsschulunterrichts auf diese Weise ohne großen Vorlauf wieder aufgenommen werden kann.

    Für Auszubildende, die unmittelbar vor der Gesellen- oder Abschlussprüfung stehen, dienen Materialien und Aufgaben sowie andere Lernangebote auch als Prüfungsvorbereitung. Anzuraten ist in diesem Fall zusätzlich aber auch eine Kontaktaufnahme mit den zuständigen Fachlehrern.

 

2. Das Prüfungswesen

I. Folgen von Prüfungsausfällen

  1. Was geschieht, wenn ein Prüfungstermin für einzelne Prüfungskandidaten oder eine ganze Prüfungsgruppe aufgrund von Erkrankungen, Quarantänemaßnahmen oder aus anderen Gründen unverschuldet, nicht stattfinden kann?

    Nach Wegfall des Hinderungsgrundes ist der Prüfungstermin so schnell wie möglich nachzuholen.

    Wir bitten daher zu berücksichtigen, dass Prüfungstermine relativ kurzfristig angesetzt werden können. Auf diesen Umstand sollten sowohl die Auszubildenden als auch die Ausbildungsbetriebe frühzeitig hingewiesen werden.

  2. Welche Auswirkungen hat die Verschiebung des Prüfungstermins auf das Berufsausbildungsverhältnis?

    Sollte der Ersatztermin für die Prüfung nach Ende der Vertragsdauer eines Berufsausbildungsverhältnisses liegen, verlängert sich dieses nicht automatisch bis zu dem Ersatztermin. Es liegt kein Fall des § 21 Absatz 3 BBiG (Nichtbestehen der Abschlussprüfung) vor.

    Auch wenn das Berufsbildungsgesetz und die Handwerksordnung keinen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses für den Fall vorsehen, dass die Abschluss- bzw. Gesellenprüfung erst nach Ablauf der Ausbildungszeit stattfindet, sind sich die Handwerkskammern in NRW einig, Anträgen auf Verlängerung analog zu § 27 c Absatz 2 HwO / § 8 Absatz 2 BBiG aufgrund der besonderen Situation ausnahmsweise stattzugeben, sofern die Ausbildungsbetriebe keine berechtigten Einwände gegen eine Vertragsverlängerung erheben. Zugleich möchten wir darauf hinweisen, dass Ausbildungsbetriebe ihre Auszubildende alternativ auch in ein Arbeitsverhältnis übernehmen können, obwohl diese noch keinen Berufsabschluss erwerben konnten.

    Zu beachten ist folgende Sondersituation: Wurde das Ausbildungsverhältnis nicht verlängert und fällt der Auszubildende nach Ende der Ausbildungszeit durch die Gesellen- oder Abschlussprüfung, greift der sogenannte Nachlehreanspruch. Dies heißt, dass das Ausbildungsverhältnis in diesem Fall wieder aufgenommen werden muss.

  3. Wer trägt die Prüfungsgebühren, wenn ein Auszubildender aufgrund einer Infektion oder eines Verdachtsfalls unter Quarantäne steht und nicht an der Prüfung teilnehmen kann? (ISG?)

    In diesem Fall hat der Auszubildende entschuldigt bei der Prüfung gefehlt. Daher gelten die gleichen Regeln. Wird das Ausbildungsverhältnis auf Wunsch des Auszubildenden verlängert, trägt der Ausbildungsbetrieb die Kosten.

    Ausbildung: Für die ausgefallenen Zwischenprüfungen werden die Ausbildungsunternehmen keinen Gebührenbescheid erhalten. Die Frage einer Gebühr stellt sich somit nicht. In Fällen, in denen die Zwischenprüfungsgebühr bereits erhoben wurde, kann diese verrechnet oder zurücküberwiesen werden.

    Fortbildung: Bei den Fortbildungsprüfungen, die bis zum 19.04.2020 stattfinden sollten, bleiben die Gebührenbescheide bestehen und gelten somit automatisch für den noch festzulegenden Termin für die Wiederholung der Prüfung.

  4. Wenn einheitliche Prüfungstermine nicht stattfinden können, muss für eine Nachholung an einheitlichen Terminen festgehalten werden? Welche Prüfungsunterlagen können dann verwendet werden?

    Es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, einen gemeinsamen Ersatztermin zu finden. Ist das nicht möglich, muss für einen Alternativtermin ein zusätzlicher (ggf. älterer oder aus gebrauchten Aufgaben neu zusammengestellter) Aufgabensatz bereitgestellt werden.

    Wir möchten an dieser Stelle vorsorglich darauf hinweisen, dass Aufgaben von IHK- Aufgabenerstellern derzeit gesperrt sind und auf gar keinen Fall zum Einsatz kommen dürfen, bevor neue Prüfungstermine angesetzt werden. Sollten die Aufgabensätze dennoch eingesetzt werden, behalten sich die Aufgabenerstellungseinrichtungen weitere Schritte vor.

II. Fortsetzung / Nachholen von Prüfungen
1. Wann werden abgesagte / ausgefallene Prüfungen nachgeholt?

Das läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht voraussagen. “Zunächst” werden bis zum Ende der Osterferien (19.04.2020) gemäß des Erlasses der Landesregierung vom 15. März 2020 keine Prüfungen durchgeführt. Wie sich die Situation entwickelt und wann die Kontakt reduzierenden Maßnahmen aufgehoben werden, steht noch nicht fest.

Der Erlass ist hier zu finden:

https://www.mags.nrw/sites/default/files/asset/document/erlass_kontakt_reduzierende_massn ahmen.pdf

Über Nachholtermine sowie Wiederholungsmöglichkeiten sollten Auszubildende so schnell wie möglich informiert werden. Dies gilt auch für den geplanten Verlauf der Sommerprüfungen 2020.

Bei Prüfungen, die nach derzeitigem Stand kurz nach dem 24. April 2020 stattfinden sollen, empfehlen die Handwerkskammern, dass sich Auszubildende auf die Prüfungen vorbereiten sollten. Ob diese Prüfungen durchgeführt werden können, ist davon abhängig, ob sich die Risikoeinschätzung rund um das Coronavirus verbessert.

  1. Müssen Zwischenprüfungen nachgeholt werden oder können diese in der Ausnahmesituation ersatzlos entfallen?

    Die Handwerkskammern empfehlen, die Zwischenprüfungen ersatzlos ausfallen zu lassen, da sie im Gegensatz zum Teil 1 der gestreckten Abschlussprüfung nicht relevant für das Bestehen der Abschluss- / Gesellenprüfung sind. In diesen Ausnahmefällen werden die Prüflinge dann ohne Ablegung einer Zwischenprüfung zur Abschluss- / Gesellenprüfung zugelassen. Alle sieben Handwerkskammern in NRW empfehlen diese Vorgehensweise. Gleichzeitig behalten die Prüfungsausschüsse / Geschäftsstellen die Option, eine Zwischenprüfung nachzuholen, wenn sie es für sinnvoll und möglich halten.

  2. Wie ist mit folgendem Fall umzugehen: Der Prüfungstermin für Teil 2 der gestreckten Prüfung wurde nach Plan festgelegt. Aufgrund der Krise ist die Teil- 1 Prüfung jedoch ausgefallen und konnte bisher nicht nachgeholt werden. Wie ist mit dieser Situation umzugehen?

    In diesem Fall soll die Teil 1 Prüfung im zeitlichen Zusammenhang mit der Teil 2-Prüfung durchgeführt werden. Erfahrungen mit vergleichbaren Fällen liegen im Land bei der sog. Externenprüfung vor.

  3. Inwieweit werden sich Lehrkräfte der Berufskollegs an den Prüfungen beteiligen können, wenn Prüfungen zeitlich in den Sommerferien durchgeführt werden müssen?

    Das Schulministerium in NRW lässt diese Fragestellung gerade rechtlich prüfen.

 

III. Zulassung zur Prüfung aufgrund von Corona-bedingten Versäumnissen

  1. Inwieweit können sich Berufsschulschließungen auf die Durchführung der Prüfung auswirken, wenn die Auszubildenden wochenlang keinen Berufsschulunterricht hatten?

    Grundsätzlich gilt § 36 Absatz 1 Nr. 1 HwO. Danach besteht ein Anspruch auf Prüfungszulassung, wenn die Ausbildungsdauer zurückgelegt worden ist oder diese nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet. Es kommt dabei nicht nur auf den zeitlichen Ablauf der Ausbildungsdauer an, sondern auch darauf, dass während der Ausbildungszeit die Ausbildung an beiden Lernorten tatsächlich stattgefunden hat. Auch die überbetriebliche Ausbildung ist dabei zu berücksichtigen. Als Faustregel gilt, dass bei einem Ausfall von Ausbildungszeit im Umfang von weniger als 15 % der Ausbildungsdauer von Geringfügigkeit auszugehen ist, so dass eine Zulassung dennoch erteilt werden kann.

    Im Übrigen sind die Umstände des Einzelfalls bei der Prüfungszulassung zwingend zu berücksichtigen. So ist es beispielsweise möglich, dass Berufsschulunterricht über Lernplattformen erteilt worden ist, so dass der Ausfall des Präsenzunterrichts nicht in vollem Umfang als Fehlzeit zu werten ist.

    Sind beide Parteien des Ausbildungsverhältnisses daran interessiert die Ausbildung zu verlängern, um ausgefallene Ausbildungszeit nachzuholen, sollten die Handwerkskammern entsprechende Anträge genehmigen.

    Die Berufskollegs sind angehalten, Auszubildende gerade im Hinblick auf anstehende Prüfungen durch Bereitstellung von Aufgaben zu unterstützen. Dies ersetzt aber nicht den Unterricht mit der Möglichkeit, Fragen zu beantworten und das Verständnis zu sichern. Nicht im Unterricht behandelte Themen sollten, auch um hierdurch auf die besondere Situation der Corona-Krise einzugehen, wenn möglich nicht Gegenstand der Prüfung sein. Die Prüfungsteilnehmenden sollten ggf. vor Beginn der Prüfung über die Streichung von bestimmten Aufgaben informiert werden.

  2. Dürfen Auszubildende an einer Gesellenprüfung teilnehmen, wenn sie aufgrund von Corona-bedingten Schließungen vom Bildungszentren einzelne überbetriebliche Ausbildungslehrgängen verpasst haben und diese aufgrund der Kurzfristigkeit der Prüfung nicht nachgeholt werden konnten?

    Ja, da die Teilnahme an überbetrieblichen Lehrgängen keine Zulassungsvoraussetzung ist. Als Teil der betrieblichen Ausbildung können allerdings Fehlzeiten von insgesamt mehr als 15 % für die Zulassung kritisch werden.

Auch hier gilt: Bei einem Pandemie bedingten Versäumnis prüfungsrelevanter Unterweisungsinhalte erscheint es sinnvoll, diese besondere Situation bei der Aufgabenstellung und unter Umständen auch bei der Bewertung zu berücksichtigen.

IV. Erkrankungen oder Quarantänemaßnahmen bei Prüfungsteilnehmenden

  1. Was geschieht, wenn Prüfungskandidaten/innen mit dem Corona Virus infiziert sind?

    In diesem Fall ist die Teilnahme an der Prüfung sowohl aus Infektionsschutzgründen als auch krankheitsbedingt ausgeschlossen. Es liegt damit ein wichtiger Grund für die Nichtteilnahme am Prüfungstermin vor, der unverzüglich mitzuteilen und durch ärztliches Attest nachzuweisen ist. Nach Genesung und Wegfall des Hinderungsgrundes ist der Prüfungstermin nachzuholen. Sollten Prüfungsausfälle in hoher Zahl auftreten, sollte die zuständige Stelle bemüht sein, einen zeitnahen Wiederholungstermin anzubieten.

  2. Was geschieht, wenn ein Prüfungskandidat unter Quarantäne steht?

    Die Teilnahme an der Prüfung ist aus Infektionsschutzgründen nicht möglich. Es liegt ein wichtiger Grund für die Nichtteilnahme an der Prüfung vor. Das unter 1. Gesagte gilt entsprechend.

  3. Können Prüfungskandidaten aus Sorge vor einer Infizierung bei der Prüfung von dieser fernbleiben?

    Auch nach erfolgter Anmeldung kann ein Prüfling vor Beginn der Prüfung durch schriftliche Erklärung von dieser zurücktreten. In diesem Fall gilt die Prüfung als nicht abgelegt. Nach Beginn der Prüfung stellt die Sorge vor einer möglichen Infektion keinen wichtigen Grund für einen Rücktritt dar. Die zuständigen Stellen werden alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Infektionsrisiken zu minimieren (s. III.). Nimmt der Prüfungskandidat aus dieser Sorge nicht an der Prüfung teil, so gilt die Prüfung als nicht bestanden. Das gilt nicht bei Meister- und anderen Fortbildungsprüfungen. Eine Teilnahme an der Prüfung kann hier noch vor Beginn der Prüfung abgesagt werden, ohne dass ein wichtiger Grund nachgewiesen werden muss (§ 20 Abs.1 FPO).

  4. Dürfen Prüflinge einen Mund-Nasen-Schutz während der Prüfung tragen?

    Das Tragen von Mund-Nasenschutz ist nicht notwendig und nicht vorgesehen. Sofern Prüflinge aus Gründen des Selbstschutzes eine selbst mitgebrachte Atemmaske während der Prüfung verwenden möchten, sollte dies zugelassen werden, sofern nicht zu erwartet ist, dass die Prüfung dadurch gestört oder Täuschungshandlungen dadurch begünstigt werden.

V. Erkrankungen oder Quarantänemaßnahme von Prüfern und Prüferinnen?

  1. Was geschieht, wenn Prüfer und Prüferinnen aus o. g. Gründen nicht zur Prüfungsabnahme erscheinen können?

    Die zuständige Stelle hat aus dem Kreise der Stellvertreter und Stellvertreterinnen nach verfügbaren Ersatzprüfenden zu suchen. Ist es nicht möglich, die Prüfung mit ordentlich berufenen Prüfern und Prüferinnen oder Stellvertretern zu besetzen, muss der Prüfungstermin abgesagt werden. Die zuständige Stelle hat sobald wie möglich einen Nachholtermin zu organisieren.

  2. Können Prüfende aus Sorge vor einer Infizierung ihr Prüfungsamt ruhen lassen?

    Die Tätigkeit als Prüfer/in ist ehrenamtlicher Natur. Eine Rechtspflicht zur Ausübung des Ehrenamtes besteht nicht. Die zuständigen Stellen sollten die Prüfer/innen darauf hinzuweisen, dass Prüfungen nur durchgeführt werden, wenn die Infektionsrisiken dabei weitestgehend minimiert werden können und die Durchführung insgesamt zu verantworten ist. Es sollte an die ehrenamtliche Verpflichtung appelliert sowie die hohe Bedeutung der Prüfungen für Auszubildende und ausbildende Handwerksbetriebe, aber auch für Menschen in der beruflichen Fortbildung, hervorgehoben werden.

VI. Maßnahmen zur Minimierung von Infektionsrisiken bei Prüfungen

1. Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um Infektionsrisiken bei Prüfungen auszuschließen?

Die üblichen von Gesundheitsbehörden und ärztlichen Institutionen empfohlenen Hygienemaßnahmen sind auch in Prüfungen umzusetzen. Dazu zählen insbesondere

- Bereitstellung von Waschräumen und Handdesinfektionsmitteln vor Betreten der Prüfungsräumlichkeiten
- Ausreichender Sitzplatzabstand (1 Tisch pro Person) bei schriftlichen Prüfungen - Verzicht auf unnötigen Körperkontakt (z. B. Händeschütteln)

Das Tragen von Gesundheitsmasken unterschiedlicher Art ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht geboten. Die Desinfektion von Arbeitsmitteln, die von mehreren Prüfungsteilnehmenden genutzt werden, ist sinnvoll.

  1. Wie ist mit Personen zu verfahren, die während der Prüfung Krankheitssymptome aufweisen?

    Sollten Prüfungsteilnehmende während der Prüfung eindeutige Krankheitssymptome (z. B. andauerndes starkes Husten) zeigen, kann es geboten sein, diese wegen der Gefährdung der Sicherheit anderer von dem Prüfungstermin auszuschließen. Hierzu ist eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall erforderlich.

  2. Dürfen Fiebermessungen vor Beginn einer Prüfung mit den zu Prüfenden durchgeführt werden?

    Fiebermessungen sind nicht gestattet. Auch mündliche Befragungen aller zu Prüfenden nach ihrem Gesundheitszustand oder dem ihrer Angehörigen können datenschutzrechtlich unzulässig sein, insbesondere wenn sie als systematische Reihenbefragungen (z.B. nach Ansteckung mit dem Coronavirus) ausgestaltet sind. Fiebermessungen sind kein geeignetes Mittel zur eindeutigen Erkennung von Corona-Infektionen und erfüllen damit nicht das Kriterium der Erforderlichkeit in § 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG.

  3. Dürfen Auszubildende an Prüfungen teilnehmen, wenn der Ausbildungsbetrieb wegen eines Verdachtsfalls oder einer Infektion geschlossen wurde?

    Der Ausschluss von der Prüfung aufgrund eines bloßen Verdachts auf Infizierung (z. B. weil der Prüfungsteilnehmer aus einem Betrieb stammt, in dem Personen mit dem Virus infiziert waren) ist i. d. R. nicht zulässig. Da Corona-Infektionen seit dem 30.01.2020 meldepflichtig sind, muss davon ausgegangen werden, dass Gesundheitsbehörden Personen, die unter akutem Infektionsverdacht stehen, unter Quarantäne stellen.

    Ein Prüfungsausschuss hat keine verlässlichen Möglichkeiten, um eine Infektion von Einzelpersonen positiv festzustellen. Überwiegt die allgemeine Sorge, dass unter den Prüfungsteilnehmenden infizierte Personen sind, ist die Prüfung insgesamt abzusagen.

  4. Dürfen Prüfungen in Räumlichkeiten, d. h. in Werkstätten stattfinden, wenn alle Mitarbeiter des Bildungszentrums / der Werkstatt unter Quarantäne stehen und die Bildungseinrichtung „geschlossen ist“?

    Prüfungen werden durch ehrenamtliche Prüfer abgenommen, Prüfer/innen wie zu Prüfende verfügen über kein Hausrecht in der zuständigen Stelle. Wenn diese oder ihre Bildungseinrichtungen geschlossen sind, dürfen Prüfungen allein schon aus haftungsrechtlichen Gründen dort nicht stattfinden. Bei praktischen Prüfungen ist es in der

Regel unabdingbar, dass fachkundige Mitarbeiter/innen der Bildungseinrichtungen den Prüfenden im Hinblick auf die Werkstattaus

rüstung zur Seite stehen. Sofern Ausgangsbeschränkungen oder sogar Ausgangssperren durch die zuständigen Behörden ausgesprochen wurden, ist die Durchführung einer Prüfung verboten.

6. Lassen sich Prüfungen in Räumen der Berufsbildenden Schulen durchführen, wenn diese aufgrund der Anweisung vom Land keinen Unterricht erteilen und praktisch geschlossen sind?

Inwieweit die Räumlichkeiten der geschlossenen Schulen für Prüfungen genutzt werden können, ist mit dem Schulträger abzustimmen. Die Nutzung ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Insbesondere gilt es dann zu klären, wer das Hausrecht konkret ausübt und als Ansprechpartner vor Ort den Prüfer/innen zur Seite steht. Ggf. kann das ein vom Unterricht freigestellter Berufsschullehrer sein.Sofern Ausgangsbeschränkungen oder sogar Ausgangssperren durch die zuständigen Behörden ausgesprochen wurden, ist die Durchführung einer Prüfung verboten.